Vom Ende einer Konstante

20. Februar 2020

 

1973 legte Gerd Geigenmüller am angesehenen Albertus-Magnus-Gymnasium in Regenburg sein Abitur ab, ehe er nach fünfzehnmonatigem Wehrdienst sein Biologie- und Chemiestudium für das Gymnasiallehramt absolvierte. Auch während des Referendariats hielt Geigenmüller seiner Geburtsstadt Regensburg die Treue. Doch 1981 verschlug es ihn mit einer Planstelle ans Staatliche Landschulheim Marquartstein, wo er seit 1986 als Internatsleiter wirkte. Über Jahrzehnte leitete er darüber hinaus gemeinsam mit seiner Frau das Weihnachtstheater, ein Schülerensemble von etwa dreißig bis vierzig Mitwirkenden, die im Dezember jeden Jahres ein Märchen auf die Bühne des Festsaales brachte und Kinderaugen zum Leuchten brachte. Nach 39 Dienstjahren, von denen er 34 Jahre als Heimleiter fungierte, verabschiedete sich Gerd Geigenmüller am 14.2. 2020 in den verdienten Ruhestand. Zu seinen Ehren veranstalteten Internatsmitarbeiter, Kollegen, Lehrer, Schüler und Eltern ein Abschiedsfest im Festsaal der Schule, zu dem hunderte von geladenen Gästen erschienen waren und den der Internatsleiter nutzte, um seinen beruflichen Lebensweg dem Publikum zu referieren. Nach der Begrüßung durch die Stellvertretende Schulleiterin, Katharina Brachmann und das Bläserensemble um Michael Hiemke gab ein kleiner Sketch, in dem Ute und Martin Bauhofer, Karin Sifferlinger und als Special Guest Janine Geigenmüller, die Tochter des Gefeierten, einen humoristischen Einblick in das mitunter mühsame Handwerk eines Internatsleiters gaben. Herr Brendl, Sprecher der öffentlichen Internatsschulen in Bayern und Frau Edhofer, langjährige Internatsleiterin am Gymnasium Pfarrkirchen, überreichten während einer launigen Rede Gerd Geigenmüller ein goldenes Besteck als Zeichen seiner Gastfreundschaft und eine Leiter, womit sie in einem Sprachspiel auf den Heimleiter verwiesen. Sie zeigten sich betont neidisch, schließlich habe Gerd Geigenmüller das Talent, in seinem Internat jede Besenkammer vergeben zu können, während in anderen Heimen die schönsten Zimmer leer stünden. Höhepunkt des Festaktes dürfte die geschliffene, pointierte und rhetorisch gewohnt perfekt vorgetragene Rede des Schulleiters Christian Czempinski gewesen sein. Um auf die Jahrzehnte dauernde Amtszeit Geigenmüllers zu verweisen, müsse man sogar die Regeln der deutschen Grammatik ändern, witzelte Czempinski, indem er sagte: „Das Ereignis der Amtsübertragung liegt so weit zurück in der Vergangenheit, dass es geboten, ja notwendig erscheint, beim Erwähnen derselben die Regeln der Zeitenfolge zu missachten und ausschließlich das Plusquamperfekt zu verwenden.“ Ferner sprach der Schulleiter von Geigenmüller als von einer Konstanten, einer Ära, einer Zeitrechnung, an der sich gewissermaßen der Schöpfungsmythos des Landschulheims orientiere und die nicht in Vergessenheit geraten dürfe, weswegen die Internatsterrasse nun den Namen Gerd-Geigenmüller-Platz tragen solle. Czempinski lobte an Geigenmüller, dass er seine ganze Arbeitskraft in den Dienst als Lehrender und Erziehender gestellt habe ohne Aufsehen um seine Person und ohne Allüren. Damit überreichte ihm der Schulleiter offiziell seine Pensionierungsurkunde. Die Internatssprecher Justus Schween und Marla Autschbach betonten in ihrer Rede, dass sie sich im Internat des Landschulheims immer zu Hause gefühlt hätten und Herr Geigenmüller wesentlicher Bestandteil dieses Heimatgefühls gewesen sei. Und auch die Internatserzieher Sabine Littmann, Iris Knitl und Robert Sigl betonten, von ihrem Vorgesetzten regelrecht verwöhnt worden zu sein, vor allem mit leckeren Kuchen. Zahlreiche Schülerinnen und Schüler verabschiedeten sich persönlich von Gerd Geigenmüller, einige mit Tränen in den Augen. Ein reiches Buffet und einen feinen Umtrunk hatten die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Hauswirtschaft, allen voran Nina Hintermeier vorbereitet, und dem scheidenden Internatsleiter damit ein schönes Abschiedsgeschenk gemacht.